u(u)tisak – piroda i covjek


Impressum/Impressum – Natur und Mensch
Zrinka Ettinger Starčić

Die Verflechtung von Mensch und Natur hat die „großen“ Geister schon immer interessiert. Die Beziehung scheint ein triviales philosophisches Problem zu sein, aber sie offenbart und gibt Antworten auf viele Fragen. Der Gedanke, dass der Mensch ein Teil der Natur ist, wurde bereits in der Antike verankert. In späteren Epochen hat sich diese Auffassung erheblich verändert. In der Antike wurde die Natur als eine Essenz / ein Wesen / eine Substanz betrachtet, in der sich der Mensch wiederfindet, die Umwelt, zu der er gehört; er nimmt sich in der Natur wahr / versteht sich in ihr. Heute unterscheidet sich eine solche Interpretation / ein solches Verständnis erheblich. Die Bedürfnisse der Moderne haben zu einer Entfremdung von Mensch und Natur geführt. Der Mensch ist nicht mehr Teil der Natur, sondern er macht sich die Natur untertan und unterjocht sie. Der Mensch gegen die Natur. Die Gleichheit von Natur und Mensch ist verschwunden, und die Wechselbeziehung hat zu dem Problem des Überlebens des Menschen als Spezies auf der Erde geführt. Endlich wird wieder verstanden, dass die Natur nicht dem Menschen gehört, sondern dass der Mensch der Natur gehört. Und wir stehen wieder am Anfang. Die Rückkehr zur Natur. Natur und Mensch.
Alfred Graf lebt und schafft als Mitglied des österreichischen Kunstvereins Atrium et Arte seit vielen Jahren auf der Insel Lošinj und ist „ständiger“ Gast im Museum von Apoxyomenos. Fotografien des verkrusteten Apoxyomenos wurden für Graf zur Inspiration für seine eigenen Werke. Er ist ein großer Liebhaber der Natur und denkt ständig über sie nach. Oft durchstreift er die Landschaften der Insel auf der Suche nach einem Ort, der ihm unberührte Ruhe schenkt und ihn mit dem Horizont der Natur verbindet. Wenn er solche Orte findet, gibt er sich ganz seinem Refugium hin. Er erfährt Katharsis, Befreiung von der modernen Welt und findet sich in der Natur wieder. Die spirituelle Läuterung bringt ihn ins geistige und körperliche Gleichgewicht. Er kehrt dorthin zurück, wo alles begann. Die Natur und Graf. Er hört auf seinen Geist und seinen Körper, und dann beginnen kreative Gedanken zu entstehen, die direkt mit dem Ort selbst zu tun haben. Die Buchten der Insel werden so zu „heiligen“ Räumen, zu Mandalas, aus denen Kunstwerke entstehen werden.


Die Inspiration durch die Bronzestatue des jungen Athleten Apoxyomenos zeugt von der allgegenwärtigen zeitgenössischen Inspiration durch die Antike als Kanon zum Verständnis der Schönheit des menschlichen Körpers. Die Ausgangsidee war, das Unvereinbare, den Geist der klassischen Skulptur mit dem Abdruck des Körpers des Autors in den weichen Teilen der Landschaft, den Meeresbuchten in der Gezeitenzone, zu verbinden. Im Sediment, der Mischung aus feinem und grobem Sand, Kies, Geröll, angeschwemmten Resten der Meeresvegetation und erdigem Material, formt er den Abdruck seines Körpers. Gleichzeitig denkt er über die „Qualität“ des Körperschweißes nach, ob er nun durch Sport, bei der Arbeit oder als Ergebnis eines Sonnenbades entstanden ist. Wie Apoxyomenos vor dem Sport, bestreicht Graf seinen Körper vor dem Abdruck, die Vorderseite mit Olivenöl und rötlich-braunem Erdmehl, die Rückseite mit Mandelöl und leichtem Kalksteinstaub. In den Abdruck des Körpers gießt er Wachs oder klebrigen Gips, dann fügt er wieder Sediment hinzu und es entsteht eine feste Form. Der Vorgang wird zweimal wiederholt, um einen vorderen und hinteren Abdruck des Rumpfes zu erhalten, der zu einer Skulptur, dem Torso, zusammenwächst. Das Gießen dauert 10 bis 14 Tage. Nach dem Aushärten wirft er die Abgüsse ins Meer, damit das Wasser die ungebundenen Teile des Sediments wegspült und seine Spuren auf der Oberfläche hinterlässt. Der gesamte Prozess der Herstellung einer Skulptur dauert mehrere Monate. Die Art und Weise, wie das Kunstwerk entsteht, ist eine Art Performance. Die Oberfläche des entstandenen Torsos sieht aus wie die verkrustete Oberfläche der Statue des Apoxyomenos. Er ist noch auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage, ob er eine „reine“ oder eine verkrustete Figur anstrebt. Die Skulptur wird „direkt aus der Landschaft“ geschaffen und geboren. Er setzt seinen eigenen Körper als Subjekt, als Mittel der Arbeit, und die Landschaft und seinen Geist als Objekt, als Träger von Bewusstsein und Erfahrung. Durch die Verschmelzung und Aufhebung der Grenzen zwischen Subjekt und Objekt kommt es zu einer Transformation und das Subjekt wird zum Objekt. Der Eindruck, den die Landschaft hinterlässt, wird zum Abdruck des Körpers, der zum Ausdruck wird – der Torso.

 

Wie Rodin betrachtet er den Torso als Gesamtkunstwerk, als Skulptur, und setzt ihn bewusst als eine von der Figur, dem Subjekt, zu dem er ursprünglich gehört, getrennte Form ein. Es gibt keine Identität mehr und das Subjekt wird zum Objekt. Die Form des Torsos ist geschlossen, ohne beschreibende/präzise Details der Anatomie des menschlichen Körpers. Die Anatomie des Körpers ist verdeckt, und die Masse der Skulptur ist auf ein Minimum reduziert. Die Berührung / der Strich der Hand ist auf der Oberfläche des Torsos nicht sichtbar, weil er die Skulptur nicht klassisch modelliert oder formt, sondern sie durch die Verbindung der vorderen und hinteren Abdrücke des Rumpfes seines Körpers konstruiert. Man kann sagen, dass alle Elemente der traditionellen Bildhauerei verweigert werden, aber die Form ist vorhanden. Bei genauer Betrachtung des Torsos wird deutlich, dass Graf ein Naturist ist; er lehnt Idealismus und Dekorativität ab und modelliert eine Skulptur nach seinem Körper, die im Gegensatz zu den klassischen griechischen Skulpturen und Apoxyomenos keine idealen Proportionen aufweist. Sein Werk lotet die Grenzen aus und zeigt die wesentliche Wechselbeziehung zwischen zwei „lebendigen“ Dingen, der Landschaft und der Vision des Künstlers. Er glaubt, dass die Untrennbarkeit des Menschen von der Natur seine Existenz bestimmt.


Mit der Ausstellung „Impressum/Impression – Natur und Mensch“ interpretiert Graf sein Verhältnis zur Natur und zur klassischen Skulptur neu. Er problematisiert die universelle Bedrohung des ökologischen Systems als ein brennendes globales Problem der heutigen Welt, das aus dem unverantwortlichen und unethischen Verhalten des modernen Menschen resultiert. Er zielt darauf ab, ein Gleichgewicht zwischen dem Einsatz von Technologie (Materialien der Schöpfung) und dem Umweltschutz herzustellen; er reflektiert über Ökologie und möchte die Menschen zu einem verantwortungsvolleren Umgang mit unserer Insel, dem Meer und der Natur im Allgemeinen ermutigen.


Bilder zur Ausstellung


Presse zur Ausstellung

QuadrART Dornbirn | Ort Zeitgenössischer Kunst | Sebastianstraße 9 | 6850 Dornbirn

GEKÖPPELT WERDEN STERNENBILDER

02/ 12/ 2023 - 04/ 02/ 2024